Chronik
Während- und auch nach dem 30 jährigen Krieg (1648 war das Jahr des Westfälischen Friedens) zogen bewaffnete Söldnertruppen durchs Land und tyrannisierten die Bevölkerung. Aus Angst vor Übergriffen bildeten die einzelnen Ortschaften Schutzverbände, heute würde man sie Bürgerwehren nennen, um nicht Opfer dieser plündernden und mordenden Banden zu werden. Diese Schutztruppen trainierten sich im Umgang mit den damaligen Waffen (Musketen, Säbeln, etc.) und feierten den Besten unter ihnen mit einem Schützenfest, welches nach dem Krieg wohl auch als ein Friedensfest bezeichnet werden kann.
Im Jahre 1654 wurde ein solches Schützenfest in Müden erstmals erwähnt. Damals war der Köthner und Zimmermann Carsten Schulte aus Müden Schützenkönig geworden und stiftete eine metallene Friedenstaube als Anhängsel an die Königskette, versehen mit seinem Namen und der Jahreszahl. Diese Taube zierte bis in das Jahr 1957 unsere Königskette, bevor sie während eines Schützenfestes abhanden kam.
Bis 1963 gab es in Müden eine Schützengesellschaft. Parallel dazu existierte in Dieckhorst und Gerstenbüttel ebenfalls eine Schützengesellschaft. Diese Schützengesellschaften gründeten sich Jahr für Jahr neu, um ein Schützenfest abzuhalten. Alle männlichen und unverheirateten Einwohner trafen sich jährlich zur Gründung. Von diesen Gesellschaften wurde ein Oberst, ein Adjutant, ein Doktor, ein Rechnungsführer und dessen Stellvertreter gewählt. Dann musste bei der Gemeinde eine Genehmigung zur Ausrichtung eines Schützenfestes eingeholt werden. Diese Genehmigung wurde auch manches Mal verweigert. Wurde dann ein Schützenfest ausgerichtet, hatten alle Mitbürger im Alter zwischen 16 und 25 Jahren mitzumachen. Anderenfalls wurden Strafgelder verhängt.
Jeder Schütze musste sich ein Mädchen aus dem Dorf einladen, für das er dann den Eintritt zum Zelt und für das Frühstück bezahlen musste. Auch hatte er die ersten drei Tänze ausschließlich mit ihr zu absolvieren. Die Mädchen nähten für die Herren rote Bänder an die Seitennaht der Hosen, wofür die Herren wiederum eine Tafel Schokolade als Belohnung in die Tasche der zu bearbeitende Hose steckten. Befand sich keine Schokoladentafel in der Hosentasche, wurde diese kurzerhand zugenäht. Am Abend wurden die Männer dann von den Damen zum Abendessen bei sich Zuhause eingeladen.
Die Schützenfeste fanden auf dem Grundstück, bzw. auf dem Saal des Festwirtes statt. Die Umzüge liefen damals ähnlich ab wie heute. Auf dem Zelt angekommen, gab es erst einmal drei Ehrentänze für die Offiziere. Zwischendurch mussten die Mädchen den Schützen Bier reichen, welches von den Offizieren spendiert wurde. Abends war dann öffentlicher Tanz.
Am nächsten Morgen wurden Eier gesucht: Mit Topfdeckeln und ähnlich lärmenden Gegenständen wurde durchs Dorf gezogen, und vor jedem Haus ordentlich Krach geschlagen. Erst nach einer Eierspende des Hausbesitzers zog man weiter. Die gesammelten Eier wurden anschließend beim alten König oder beim Festwirt gebraten und verzehrt. Das Schützenfest dauerte zwei Tage. Am zweiten Tag fand nach dem Frühstück das Königsschießen statt. Nachdem der König ausgeschossen war ging es wieder mit einem Umzug, teils verkleidet, teils auf Kutschen oder zu Fuß aufs Zelt, wo dann bis in die frühen Morgenstunden gefeiert wurde.
Als im Jahre 1957 der Schützenverein Dieckhorst-Gerstenbüttel gegründet wurde, stand erstmals mehr und mehr der Schießsport im Vordergrund. Man begann ab 1959 Mannschaften zur Austragung von Rundenwettkämpfen zu bilden. Die Schützenfeste wurden weiterhin getrennt gefeiert. Auch in Müden legte man nun mehr Wert auf das Austragen schießsportlicher Wettkämpfe. Allerdings stellte sich die wirtschaftliche Situation beider Vereine im Hinblick auf die Schützenfeste zunehmend schwieriger dar. So gab es erste Überlegungen, die beiden Vereine zusammenzuschließen und das Schützenfest gemeinsam auszurichten. Am 31. Januar 1963 wurde daraufhin die Gründungsversammlung des Schützenvereins Müden-Dieckhorst einberufen. Seither wurde das Schützenfest gemeinsam gefeiert.
Zuerst, bis in die 80er Jahre, wurde das Schützenfest beim jeweiligen Festwirt abgehalten: Bei Pollschiers (Gaststätte „Zum Bahnhof“) auf der Wiese hinter dem Stall, hinter der Gaststätte „Zur Linde“ (damaliger Inhaber war Paul Batke, heute steht dort das Haus von G. Fatthauer) und hinter dem ehemaligen „Dorfkrug“ (dort befindet sich jetzt der Edeka-Markt) auf der Pferdekoppel.
Die Anzahl und Qualität der aktiven Sportschützen nahm nun Jahr für Jahr zu.Einige Mannschaften des Vereins stiegen sogar bis in die Landesliga auf. Geschossen wurde zunächst auf dem alten Kleinkaliber-Stand hinter August Meyer, welcher nach dem Krieg wieder hergerichtet und modernisiert wurde. Da es sich um einen Freiluft-Schießstand handelte, war man natürlich immer abhängig vom Wetter. Luftgewehr wurde bei Otto Schrader auf dem Saal geschossen. Später wurden vom Verein die zum Schießstand umfunktionierten Stallungen von Wilhelm Hustedt (Zum Dorfkrug) gepachtet. Dort waren nun vier Kleinkaliber- und 11 Luftgewehrstände unter einem Dach vorhanden.
In den 80er Jahren bis 1995 fand das Schützenfest dann auf dem Platz am Quellengrund, gegenüber der Schule, statt. Bereits im Jahr 1985 wurde aus steuerrechtlichen Erwägungen heraus, und um die Gemeinnützigkeit zu erhalten, der Förderkreis des Schützenvereins Müden-Dieckhorst gegründet. Damit wurde die Trennung gemeinnütziger- und wirtschaftlicher Buchführung realisiert. 1989 verdichteten sich die Pläne zum Abriss der Gaststätte „Zum Dorfkrug“, zwecks Bau eines Supermarktes (Lidl). Der Verein musste den Schießstand aufgeben und der Schießbetrieb fand zum Teil auf provisorischen Schießständen auf Privatgrundstücken der Vereinsmitglieder statt. Die Gemeinde stellte zwar ein Grundstück zum Bau eines neuen Schießsportzentrums zur Verfügung, dieses konnte aber auf Grund von Einsprüchen der Anwohner nicht fertiggestellt werden.
Zum Glück für den Schützenverein erklärte sich der Inhaber der Gaststätte „Holzenhof“ Jürgen Meier bereit, seine Wagenremise als Luftgewehrstand zur Verfügung zu stellen, bis ein neuer Standort für das Schießsportzentrum gefunden wurde. Dieser neue Standort sollte letztendlich auf den ehemaligen Tennisplätzen des „Holzenhof“ entstehen. Am 14.11.1992 wurde der Grundstein gelegt und bereits am 03.10.1993 wurde das neue Schießsportzentrum eingeweiht.
Der Verein verfügt seit dem über vier KK-Stände, 13 LG-Stände und vier Stände für Sportpistole, so wie über einen großzügigen Gemeinschaftsraum mit Theke und Küche. Das Schützenfest feiern wir seit 1996 auf dem eigens dafür hergerichteten Dorfplatz am ehemaligen Müdener Bahnhof.
Der Schützenverein nimmt, damals wie heute, einen wichtigen Stellenwert in der Gemeinde Müden ein. Auch ist das Müdener Schützenfest, entgegen des landläufigen Trends, eines der größten im Landkreis Gifhorn. Wir würden uns freuen, auch Sie als Gast bei unserem Schützenfest begrüßen zu dürfen!
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